Es war der 07. Oktober 2020, da fiel mit dem einstimmigen Beschluss des Kreistags Rhön-Grabfeld der Startschuss, alle Hebel in Bewegung zu setzen, um die Kriterien zu erfüllen, ein Fairtrade-Landkreis zu werden. Zweieinhalb Jahre später, Anfang April 2023, trudelte schließlich die freudige Nachricht ins Landratsamt. Das oberste Prüfgremium des Fairtrade Deutschland e.V. hatte die Bewerbung des Landkreises erfolgreich bestätigt, einer Auszeichnung zum Fairtrade-Landkreis stünde nichts mehr im Wege.
Nun, Ende November 2023, war es endlich soweit: Im Rahmen der Auszeichnungsfeier im Kloster Wechterswinkel hat Landrat Thomas Habermann freudig und stolz die Urkunde von Manfred Holz, Ehrenbotschafter von Fairtrade Deutschland e.V., entgegengenommen. Auf der Urkunde heißt es unter anderem: „Durch sein Engagement für den Fairen Handel vor Ort setzt der Landkreis Rhön-Grabfeld ein konkretes Zeichen für eine gerechtere Welt und leistet einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Lebensbedingungen von benachteiligten Produzentengruppen im globalen Süden.“
Bildunterschrift: Aus den Händen von Manfred Holz (rechts), Ehrenbotschafter Fairtrade Deutschland e.V., bekam Landrat Thomas Habermann die Urkunde überreicht.
Bevor die Urkunde übergeben wurde und die #eimat ganz offiziell zum Fairtrade-Landkreis erklärt wurde, sorgten Schülerinnen und Schüler nicht nur bei Manuela Michel von der Stabstelle Kreisentwicklung im Landratsamt, die das Projekt von Beginn an begleitete, für emotionale Momente. Ein Chor der Udo Lindenberg-Mittelschule Mellrichstadt präsentierte, begleitet von Tänzerinnen, ihre Version des Songs „They Don't Care About Us“ von Michael Jackson. Hierbei geht es um die Frage, wie ein Kind, das in einem gewalttätigen Umfeld aufgewachsen ist, zu einem friedlichen Menschen heranwachsen kann.
„Wir sind Kinder einer Welt“, machte zuvor der Kinderchor der Grundschule Herschfeld gesanglich deutlich und sorgte ebenfalls für tosenden Applaus im Publikum. Den Gedanken des Liedtitels nahm auch Landrat Thomas Habermann in sein Grußwort auf. Egal ob Groß oder Klein, man sei eine Welt. Und: „Fairtrade sollte selbst verständlich sein“, also der Faire Umgang miteinander und die Wertschätzung. Man habe sich, so der Landrat, zur Idee bekannt. „Aber jetzt geht’s erst los“, gab er den Startschuss für einen nun folgenden „Dauerprozess“, der eine tagtägliche Verpflichtung darstelle. „Dann machen wir die Welt zumindest ein kleines Stück besser“, ist der Landrat überzeugt.
Manfred Holz, Fairtrade-Ehrenbotschafter, lobte das geballte, auch ehrenamtliche Engagement für den Fairtrade-Gedanken, welches in Rhön-Grabfeld vorhanden ist. „Fairtrade lebt vom Handeln“, sagte Holz und hob die Bedeutung des Siegels hervor, welches 90 Prozent in Deutschland kennen und noch mehr als vertrauenswürdig halten, wenn sie beispielsweise Faire Bananen, Kakao, Schokolade oder Rosen im Supermarkt entdecken. Auch wenn Deutschland beim Konsum von Fairen Produkten, beispielsweise beim Kaffee, noch Luft nach oben habe, entwickele sich etwas im Land.
Im Hinblick auf die Zertifizierung als Fairtrade-Landkreis machte Holz die hohen Anforderungen im Vorfeld deutlich: „So einen Titel bekommt man nicht einfach geschenkt.“ Rhön-Grabfeld habe alles mit Bravour gemeistert.
Bis zum letztendlichen Ziel war es aber ein arbeitsintensiver Weg. Fairtrade Deutschland e.V. gab fünf Kriterien vor, die zur Titelerreichung zu erfüllen sind. Neben dem Beschluss im Kreistag muss eine lokale Steuerungsgruppe gegründet werden, die Maßnahmen festlegt und deren Umsetzung begleitet. Darüber hinaus wurden 16 Einzelhandelsgeschäfte und acht Gastronomiebetriebe benötigt, die jeweils mindestens zwei fair gehandelte Produkte im Sortiment haben und sich offiziell im Rahmen dieser Initiative einbringen. Des Weiteren werden Fürsprecher aus Gemeinden, Schulen und Vereinen benötigt, die entsprechende Produkte einsetzen und Bildungsaktivitäten zu diesem Thema anbieten, da Bewusstseinsbildung ein wichtiger Bestandteil der Initiative ist.Letztes der fünf Kriterien ist die Medien- und Öffentlichkeitsarbeit.
Die Fairtrade-Bemühungen begannen 2020 direkt im Kleinen. So wird inzwischen bei allen gremialen Sitzungen und Veranstaltungen im Landratsamt Fairtrade-Kaffee ausgeschenkt, sowie mindestens ein weiteres Produkt aus „Fairem Handel“ verwendet. Für die weiteren Schritte gründete sich auf Initiative des Projektmanagements der Stabstelle Kreisentwicklung rund um Manuela Michel die geforderte Steuerungsgruppe. Wer ist hier dabei? Unter anderem Vertreter aus Wirtschaft und Politik, den Eine-Welt-Läden, des BLSV, der Umweltbildungsstätte, des Dekanats sowie das Regional- und LAG-Management. Unterstützung gab es von Lenkungsgruppenmitgliedern der Fairtrade Towns Bad Neustadt und Königshofen sowie von den beiden Volkshochschulen des Landkreises. Aber auch engagierte Privatpersonen und Vertreter von Kindergärten und Schulen wollten mit anpacken, um den Landkreis erfolgreich und „fair“ zertifizieren zu lassen.
Die Corona-Pandemie erschwerte das Einbinden von regionalen Partnern aus Einzelhandel und Gastronomie, da die zu suchenden Protagonisten zu diesem Zeitpunkt anderweitig beansprucht wurden. Als die Pandemie langsam begann abzuklingen, konnte auch dieses Kriterium erfüllt werden.
Gar keine Probleme stellte der nächste Punkt auf der Agenda da, dass verschiedene Fürsprecher die entsprechenden fairen Produkte einsetzen und Bildungsaktivitäten zum Thema anbieten. Das galt auch für eine umfassende Medien- und Öffentlichkeitsarbeit der verschiedenen Aktionen, wie beispielsweise Fairtrade-Fußbälle, Veranstaltungen des regionalen Handels und der Gastronomie oder das Einbinden des Themas bei etablierten Messen wie der „BioRegioRhön“.
Ein Highlight stellte im Mai 2022 die Fairtrade-Ausstellung im Foyer des Landratsamtes dar, zeigte sie doch das Ergebnis der zahlreichen gewachsenen Kooperationen. Ein Beispiel ist das neue „Layout“ der Bad Neustädter Fairtrade-Stadtschokolade. Verantwortlich für die „Frischzellenkur“ waren Bad Neustädter Grundschulkinder, die beim Malwettbewerb mitgemacht haben. Drei der Bilder zieren nun die Schokolade.
Die ganzen Beispiele zeigen: Die Weichen sind gestellt. Nun müsse die Initiative gelebt werden und noch weitere Mitstreiter finden. „Der Platz für Fairtrade-Produkte muss sich nun verstetigen und wachsen“, sagt Manuela Michel. Und weiter: „Das Siegel gilt es nun mit Leben zu füllen.“ Passend dazu hat die Umweltbildungsstätte in Oberelsbach den Fairtrade-Gedanken inzwischen in den Alltag aufgenommen und zum Teil des Speise- sowie Lehrplans gemacht.Zudem finden jährlich laut Michel weitere Aktionen statt, die sich rund um das Thema Fairtrade drehen. Den Auftakt macht ein Fotowettbewerb ab Januar.
Nach der erfolgreichen Zertifizierung zum Fairtrade-Landkreis gehen die Bemühungen in der #eimat stetig weiter. Auch, weil alle zwei Jahre Re-Zertifizierungen nötig sind, um den Titel auch dauerhaft führen zu können.
Bildunterschrift: Alle Beteiligten, die dazu beigetragen haben, dass der Landkreis Rhön-Grabfeld nun ein Fairtrade-Landkreis ist, freuten sich bei der Auszeichnungsfeier im Kloster Wechterswinkel über den tollen Erfolg.
Ansprechpartner Fairtrade Landkreis Rhön-Grabfeld:
Manuela Michel
Tel. 09771-94-247